Wald, Wasser, Wildnis
Majestätische Buchen, wilde Bäche, weite Hochflächen und blühende Talwiesen prägen das Landschaftsbild des Nationalparks Eifel. In dem 2004 gegründeten Schutzgebiet lautet die Devise „Natur Natur sein lassen“. Auf einem Großteil der 110 Quadratkilometer verzichtet der Mensch auf jegliche wirtschaftliche Nutzung, so dass die Waldlandschaft wieder in ihren natürlichen Kreislauf zurückfinden kann. Diese einzigartige Wildnis von morgen bietet mehr als 1.400 bedrohten Tier- und Pflanzenarten Schutz, darunter Wildkatze, Schwarzstorch und Biber, Hirschzunge, Wildnarzisse und Geflecktes Knabenkraut.
Nur 16 Nationalparks gibt es in Deutschland, diese bedecken gerade mal ein halbes Prozent der deutschen Landfläche. Der Park in der Eifel ist der einzige in Nordrhein-Westfalen. Damit ist er ein unvergleichliches Natur-Refugium vor den Toren der Ballungsgebiete ... umso reizvoller und spannender der Kontrast von beinahe unberührter Natur und der Nähe pulsierender Städte.
Auf 110 Quadratkilometern führt seit 2004 die Natur Regie. Der Mensch in den Dörfern, Siedlungen und charmanten Kleinstädten fügt sich in den Rhythmus von Jahreszeiten, beachtet aber auch die Bedürfnisse selten gewordener heimischer Tiere und Pflanzen. Die Wälder werden nicht als Nutzholz betrachtet, sondern sie dürfen ihr eigenes Leben führen. Sie stehen unter strengstem Schutz und verwandeln sich allmählich zurück in die wilden mitteleuropäischen „Dschungel“ früher Jahrhunderte. Alte Bäume sterben ab, ihr totes Holz ist das Fundament der nächsten Pflanzengeneration. Der Wald, der dem eigenen natürlichen Rhythmus von Werden und Vergehen überlassen wird, wächst schnell als unverfälschter Naturwald nach. Größere Nadelwald-Monokulturen, welche die Preußen einst ansiedelten, durchmischen sich mit jungen Buchen ... so hält auch hier die natürliche Artenvielfalt Einzug.
Dem Urwald auf die Sprünge helfen
Lichte Wälder mit Rotbuchen, Eichen, Ahorn oder Eschen bieten Tieren eine Heimat, die nur fernab der lauten Zivilisation leben können: Wildkatzen, Schwarzstörche oder Biber brauchen eine Unberührtheit, die sie im Nationalpark Eifel vorfinden. Insgesamt sind es mehr als 8400 Arten, die hier leben; etliche von ihnen stehen auf der Roten Liste, sie gelten als akut bedroht. Von den kleinsten – beispielsweise mehr als 1900 Käferarten – bis zu den größten Waldbewohnern, den Rothirschen, wimmelt es im Nationalpark von seltenen Tieren und Pflanzen. Flache Tümpel und klare Bäche, in denen sich Elritzen, Neunaugen und Bachforellen wohlfühlen, durchziehen den Park. Milane drehen ihre majestätischen Runden im Himmel über der Eifel.
Unheimlich schön
Nicht immer war das weitläufige Areal des heutigen Nationalparks Eifel ein Ort, wo der Frieden nur von den ewigen Naturkreisläufen des Werdens und Vergehens beherrscht wurde. Mitten in den tiefen Wäldern und hoch über dem Ufer des Urftsees gelegen durchbricht ein martialischer und gigantischer Bau die Idylle: die ehemalige „Ordensburg“ Vogelsang, von den Nationalsozialisten als riesiges Ausbildungszentrum für ihren zerstörerischen Nachwuchs errichtet. Die wuchtige, düstere Architektur und endlose Betonflächen sehen fremd aus im Grün der Dreiborner Hochfläche, die nach dem Zweiten Weltkrieg von britischem und belgischem Militär zu Übungszwecken genutzt wurde. Auch das benachbarte Dorf Wollseifen wurde dafür geräumt und ist mit seiner Kirche und den ringsum liegenden Gebäuden ein Platz der Ruhe und des stillen Gedenkens mitten im Nationalpark.
Heute ist der ehemalige Truppenübungsplatz ein sanft gewelltes Plateau steppenartiger Pflanzenwelt, im Wechsel mit Ginsterbüschen und kleineren Waldparzellen. Für Tiere und Pflanzen bietet das Brachliegen eine große Chance: Wie entlang der einstigen deutsch-deutschen Grenze sind auch hier unberührte und ungestörte Lebensräume entstanden. Wer als Mensch unterwegs ist, sollte sich unbedingt an die ausgeschilderte Wegführung halten, um die natürlichen Bewohner nicht zu stören. Es gibt Routen und Erlebnisangebote in Hülle und Fülle, um unvergessliche Eindrücke einer Landschaft zu sammeln, die auf ihre ganz eigene Weise unheimlich schön ist: Vielleicht gerade weil hier klar wird, dass die Natur immer stärker ist als alles Menschen-
gemachte.